Steingewordene Propaganda

Steingewordene Propaganda

Eine Geschichtsexkursion der besonderen Art erlebten unsere 9. Klassen in dieser Woche. Auf dem Stundenplan stand eine abwechslungsreiche Doppelveranstaltung: Zunächst ein Geländerrundgang über weite Teile des Reichsparteitagsgelände, daran anschließend der Besuch der Dauerausstellung des angeschlossenen Doku-Zentrums, in der die historischen Fakten zur NS-Geschichte anschaulich präsentiert werden. Als Bonus konnte dann noch eine aktuelle Sonderschau begutachtet werden, welche sich mit dem Erbauer Albert Speer und dessen zwiespältige Rolle in der späteren BRD beschäftigt.

Während des geführten Rundgangs wurde in diesem Jahr ein spezielles Augenmerk auf die Propagandakniffe der Nationalsozialisten gelegt. So wurde z. B. die sog. "Einschüchterungsarchitektur" der Kongresshalle thematisiert, welche den einzelnen Besucher verschwindend gering(wertig) werden lässt. Auch die Wasserspiegelungen auf dem Dutzendteich dienten ebenso der Selbstverherrlichung des NS-Regimes, wie auch das Konzept des "Lichtdoms", das den Schülern auf der baufälligen Steintribüne erklärt wurde. Diese Illumination musste in einer Zeit, in der das Radio das neueste Medium war, eine äußerst beeindruckende Wirkung auf die damaligen Menschen gehabt haben. Anhand von authentischen Fotographien und Quellenauszügen konnten die Schüler nachvollziehen, wie perfide die "NS-Show" darauf abzielte, ihre kriegerischen und inhumanen Absichten einerseits zu verschleiern, aber anderseits auch offen zur Schau zu stellen. Nicht vergessen wurde auch daran zu erinnern, dass es eigene KZs gab, welche die Bauarbeiten auf dem Reichsparteitagsgelände organisierten.

Dass politische Bildung auch einiges mit Medienkunde zu tun hat, erfuhren die Schüler ebenso recht anschaulich. Der Kongresshallenbau besteht nämlich nur äußerlich aus hochwertigem Granitstein. Im Inneren ist das Gebäude lediglich ein stupider Backsteinmoloch - also quasi ein steingewordener "fake", wie ein pfiffiger Kommentar eines Schülers richtigerweise analysierte.

Als Fazit kann man festhalten, dass der Unterrichtsgang gerade auch durch die aktuelle Neuausrichtung seinen Reiz beibehalten hat. Wenn unsere Schüler Propagandastilmittel erkennen, sollte es ihnen auch in Zeiten von "fake news" möglich sein, sich selbstständig orientieren zu können, um unsere Demokratie auch in Zukunft zu bewahren.